Geschichten aus dem Khienwald - ein Spaziergang zwischen Träumen und Abgründen.
NeüSagen |
01.04.2024, 09:11
Als die Osterhasen Ostern hassten
Sie sind ihnen dicht auf den Fersen. Die Dämmerung kratzt am Horizont, blutrote Strahlen werfen lange, schlanke Schatten. Keiner kennt sich in dem WaldStück nahe des kleinen Dorfes besser aus als sie, aber die... mehr
Die Abenteuer des braven Tierschützers Wolf Hausen
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22.03.2024
Jedenfalls...
…das war’s wohl. Dachte, der Bär würde schlafen, doch er hebt seinen Kopf, Panik flammt auf und riesige Kerle, die zu unserer Sicherheit ran geschleppt wurden, sind dabei mich zu Tode zu trampeln. Ironischerweise der größte von ihnen, nennen wir ihn mal Jaroslav, circa 5 Meter groß, Gewicht 2 Tonnen, angezogen als würde er im Dschungel alleine gegen eine Armee von Alien-Söldnern in die Schlacht ziehen, kreischt mit seinem lieblichen Stimmchen in ohrenzerfetzender Höhe. Raus, raus, brüllt er, zumindest glaube ich das, leider sprechen wir unterschiedliche Sprachen. Applaus, denke ich noch am Anfang, ist immer ne gute Idee, durchzudrehen und laut schreiend Amok zulaufen, wenn man vor einem Wildtier steht, vor allem bei Prädatoren wie Braunbären.
Bin gespannt, wie sie meine Leiche beseitigen. Hab im Vorfeld zu dieser Rettungsaktion wilde Geschichten gehört. Zum Beispiel von einer Affenhorde, die plötzlich verschwand. Nach der Untersuchung vom Amtsveterinär gab es folgende Einschätzung – der Oberaffe sei depressiv gewesen, hat sein Gefolge ermordet und anschließen Suizid begangen, in dem er seinen Kopf gegen die Wand hämmerte. Wusste gar nicht, dass man halb tot, so mit schon auslaufendem Gehirn, noch immer Kraft und Willen besitzt, einfach weiterzumachen. Hemmingway hat ja angeblich bei seinem Selbstmord mittendrin das Gewehr nachgeladen. Jedenfalls, nachdem dann alle tot waren, dachten sich die Leute vom Zoo, ach, wenn die eh einmal hin sind, können wir sie auch an die Geparden verfüttern.
Werde ich als Vegetarier dann als BBQ für irgendwelche Hinterwäldler enden? Welch morbide Poetik. Nein, aber mal ernsthaft, die Affen wurden natürlich nicht verfüttert oder gar Opfer eines affigen Amoklaufs, nein, die wurden an Wildtierhändler verschachert. Genau wie diese Bärin, die hier in dieser kleinen Hütte im Stroh liegt und mit dem Heben ihres Kopfes die Grenzen der Großmäuler einreißt. Deswegen sind wir ja hier, in den verschneiten Wäldern Osteuropas, im Kampf gegen illegalen, internationalen Wildtierhandel.
Die Riesen in Armeekluft pressen mich weiterhin hart gegen die Wand, während sie versuchen, sich durch die kleine Tür zu quetschen. Klar, beim Reingehen passte gerade so einer von ihnen durch, jetzt wollen drei auf einmal. Und irgendwie wundern sie sich, wo das Problem liegt. Ich atme durch und versuche etwas Ordnung zu stiften. Ganz ruhig, sage ich mit tiefer, gelassener Stimme, eingekeilt zwischen altem Holz und Schulterpolstern, einer nach dem anderen. Ob sie mich verstehen? Wohl kaum, aber ich schwöre, wenn ich hier lebend raus kommen sollte, dann werde ich meine Memoiren schreiben. Wollte ja schon als Kind immer Schriftsteller werden, aber nie wirklich eine Biografie schreiben. Falls mir das Glück heute gnädig sei, werde ich dies noch mal überdenken… also, wie bin ich eigentlich hierher geraten? Auf zu den Abenteuern eines braven Tierschützers…
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